Das "Gehirn" der CDU, die Konrad Adenauer Stiftung denkt über die Piraten nach. Das ist eine natürliche Folge des Erfolgs der Piraten, setzen sich doch die Parteien in einem Mehrparteienstaat routinemäßig mit den Thesen und Eigenschaften der anderen Parteien auseinander. Trotzdem hat mich eine Aussage der CDU Denker besonderes verärgert. Zitat:
Die Piratenpartei ist nach dem Einzug in den Berliner Senat im Aufwind: Derzeit würde sie mit acht Prozent in den Bundestag einziehen, wie die jüngste Sonntagsfrage von infratest-dimap „Wen würden Sie wählen, wenn heute Bundestagswahl wäre“ ergeben hat. Aber ganz so spaßig, wie die Piraten sich geben, sind sie nicht – ihrem digitalen Fetischismus liegt ein bedenklicher Elitenbegriff zugrunde, der dem christlichen Menschenbild diametral widerspricht.
Sie ist zwar mit 8,9 Prozent ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt worden, aber kaum jemand weiß, wofür die Piratenpartei eigentlich steht. Programm, Personal und Wählerschaft offenbaren ein diffuses Bild. Klar ist nur die völlige Fixierung der Partei auf das Internet – mit vielen problematischen Konsequenzen.
Das ist platt gesagt eine Unverschämtheit. Zum einen ist es so, die Piratenpartei sich explizit zu unserer Verfassung bekennt, und damit auch zum Mehrparteiensystem. Es bleibt also in jedem Fall Raum für die Vertretung von Menschen die anderes vertreten werden wollen oder nicht am Internet teilnehmen können oder wollen.
Zum anderen wird umgekehrt ein Schuh daraus: Dadurch das die CDU ihre Face to Face Struktur implizit durch Aussagen wie die oben Zitierte von anderen Parteien einfordert macht sie genau das, was sie vorwirft. Sie Diskriminiert Menschen die das direkte Gespräch nicht so wirklich mögen oder in solchen nicht wirklich in der Lage sind ihre Argumente an den Man zu Bringen. Das kann eine Eigenschaft ihres Körper sein, wie das zum Beispiel zum Beispiel beim Asperger Syndrom der Fall ist. Das ist einen abberation im Nervensystem, welche die Kommunikationsfähigkeit herabsetzt, aber keinesfalls die Denkfähigkeit, wie etliche Nobelpreise an betroffene bezeugen.
Die CDU verschießt mit ihrer Face to Face Orientierung auch den Zugang zu völlig neuen Erfahrungen. Wenn man im Chat mit durch Pseudonym geschützte Personen diskutiert, dann spielt zum Ersten mal in der Menschheitsgeschichte das Geschlecht keine Rolle mehr. Mann kann Argumente mit einem anderen Menschen austauschen, ohne dessen Geschlecht zur Kenntnis nehmen zu müssen. Es ist im realen Leben sehr schwer das eigene Geschlecht zu verbergen, weil es Unterschiede z.B. in der Stimme und dem Körperbau gibt. Chat hilft ungemein, die fundamentalen biologischen Funktionen der Fortpflanzung und ihre systematischen biologischen Effekte außen vor zu halten. Diese biologische Effekte umfassen unter anderem, das Frauen die Stimmungslage eine Mannes und einer Frau einschätzen können, während Männer das nur bei Männern können. Im Chat hingegen fällt die gesamte Körper Sprache weg, man gibt nur die Emotionen Preis, die man per Smeily oder Sprache explizit Preisgeben will ;-) (für die Unkundigen der Konrad Adenauer Stiftung, das repräsentiert mit einem Augen blinzeln). Aus diesem Erfahrungsraum kommt die Aussage der männlichen und weiblichen Piraten zu Stande, Geschlecht spielt keine Rolle. Jeder hat sich mehr oder weniger oft in seiner Einschätzung über das Geschlecht seines Gegenüber im Chat getäuscht. Ich selbst zum Beispiel habe im Chat sogar explizit darauf geachtet, das ich mein Geschlecht verheimliche, andere haben sich sogar auch schon mal in die Rolle des anderen Geschlechts versetzt. Dieser Ausschluss an Ergebnismöglichkeit ist vermutlich bei den anderen demokratischen Parteien der Fall, die mehr oder weniger unisono nach der Frauenquote erkundigt haben, und alle eine Abfuhr eingefangen haben, weil das Geschlecht in der Mitgliederverwaltung im Sinne des Datenschutzgesetzes als nicht notwendiges Datum erst gar nicht erfasst wird.
Mitunter sind es aber auch ganz profane Dinge, die einem von Face to Face Politik abhalten. Zum Beispiel der Konsum von Nikotin und die damit verbundenen Kopfschmerzen am nächsten Tag. Ich weiß wovon ich da Rede, ich war vor meiner Mitgliedschaft bei den Piraten im vergangenen Jahrtausend Mitglied der CDU, Erreicht habe ich in dieser Partei aber, im Gegensatz zu den Piraten, exakt nichts was ich nicht auch ohne Mitgliedschaft hätte erreichen können.
Das was ich erreichen konnte, habe ich auch dort nur über das Internet erreichen können. In den 1990ger Jahren, bevor es soziale Netzwerke gab, betrieb die CDU ein offenes Diskussionsforum. Das war erstaunlich weltoffen. Bei der FDP wurde alles weg moderiert, was nicht ins ideologische Weltbild passte, bei SPD und CSU gab es erst gar kein Forum, bei den Grünen weiß ich es offengestanden nicht. Insoweit waren einige in der CDU ihrer Zeit voraus, aber auch diese Aktivisten Schaften es fast nie, die Anregungen aus dem Forum irgendwie in die Partei zu transportieren. Lange Zeit konnte man im Forum, wenn man nicht Moderator war, nicht verbindlich kenntlich machen, das man CDU Mitglied ist, Später kam dann ein geschlossenes Forum für Mitglieder hinzu, das aber wiederum nicht öffentlich ist. Diese digitale Hinterzimmerpolitik hat aber dazu geführt, das nach wie vor neue Ideen nicht mit entsprechender Zustimmung in die Partei getragen werden konnte. Bei den Piraten ist das Problemlos möglich sich als Außenstehender einzubringen, so das diese aus diesem Grund es leider auch nicht für nötig halten, Parteimitglieder in ihren Foren und Wiki erkennbar zu machen.
Das einzige mal, wo ich über das Forum eine Erkennbare Reaktion bei der CDU erzielen konnte, war in der Zeit als Herr Manfred Kanther Innenminister wahr, eben jener der später im Zusammenhang mit Parteispenden negativ aufgefallen ist. Dieser Herr Kanther wollte als Law and Order Verfechter das Prinzip einführen, das ein Betreiber für alles verantwortlich ist, was von seinem Server ausgeht. Damit hätte er der Entwicklung des Internets in Deutschland auf Jahrzehnte gelähmt und es auf ein System zur Produktpräsentation reduziert. Um seine These das eine so gefasste Verantwortungsdefinition alternativlos ist und keine Beeinträchtigung des politischen Raumes darstellt zu widerlegen, habe ich eine Schwäche in dem selbst gestrickten Forum genutzt. HTML wurde ausgefiltert, in dem alles in einer Zeile zwischen < und > herausgenommen wurde, anstatt < und > durch quotieren als < und > unwirksam zu machen. Indem ich ein Zeilenende in ein ALT="Zeile 1 CR 2 Zeile" Konstrukt versteckt habe, wurde es mir möglich, den Filter auszubremsen und Bilder by Referenz in das Text only Forum zu zaubern. Nebenbei bemerkt, den unterschied zwischen Verlinkt und vom eigenen Server verteilen war Juristen damals fast völlig unklar.
Das habe ich dann genutzt, um eine Bild von Oscar Lafontaine in meinen Beitrag einzubauen, in dem ich die Technik vorgestellt habe. Ich habe dann Dargelegt, das ich jedes Bild aus dem Internet hätte einblenden können, also auch solche deren Verbreitung nach deutschen Recht Straftaten darstellen würden. Das lies sich natürlich bestens mit der Frage an Herrn Kanther verbinden, ob er es dann für gerechtfertigt hält, den Administrator wegen Verbreitung des Materials zu einer Haftstrafe zu verurteilen, nur weil er die Unfähigkeit seines Programmierers nicht erkannt habe? Dann kam sehr schnell das Aus für die Idee. Wenn eigene Parteimitglieder betroffen sind, ist die Empathie für ein Thema ungleich größer. Auch nicht gerade eine verfassungstragende Einstellung.
1 Kommentar:
Es ist sehr bemerkenswert, wie sensibel manche Piraten auf Kritik reagieren. Wieso ist es eine "Schmähkritik", auf Due Probleme des Vollversammlungsprinzips hinzuweisen. Sie mögen anderer Meinung sein, sollten sich aber einer sachlichen Debattenkuktur nicht entziehen. Dazu sind Sie auf meinem Blog gerne eingeladen: http://internetunddemokratie.wordpress.com/2011/12/05/piraten-scharfen-linkes-protestprofil/
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