18 April 2012

Piratenpartei NRW lehnt ESM-Vertrag einstimmig ab!

Endlich haben wir etwas, was man als Parteimeinung werten kann, zu dem ESM Monster. Ja Monster, wenn wegen dieses Vertragswerk des Europäischen Stabilitäts Mechanismus von den allgemein als Staats tragend angesehen Parteien CDU, SPD und FDP das Rederecht im Bundestag beschnitten werden soll, dann ist diese Bezeichnung durchaus Angebracht.

Auf ihrem Landesparteitag am 14. und 15. April hat die Piratenpartei Nordrhein-Westfalen das Positionspapier 05 (Wirtschaft und Finanzen) mit dem Antragstitel “Ablehnung des ESM-Vertragseinstimmig angenommen. Nochmal, weil es so schön ist EINSTIMMIG! Und das bei dem Piraten typischen Diskussionseifer. Endlich kann man das nur sagen, es war überfällig. Der Beschluss der Piraten NRW lautet wie folgt:

Antragstext

Nach Auffassung der Piratenpartei NRW verstößt der ESM-Vertrag gegen die im Grundgesetz verankerten fundamentalen Rechtsprinzipien und Grundsätze einer demokratischen Staatsordnung wie den Parlamentsvorbehalt und das Rechtsstaatsprinzip sowie gegen die Transparenz-Grundsätze der Piratenpartei. Zudem ist der ESM nicht geeignet die grundlegenden Solvenzprobleme sowie die Leistungs- und Zahlungsbilanzdefizite einiger Euroländer in den Griff zu bekommen.

Die Piratenpartei NRW kritisiert insbesondere das intransparente und voreingenommene Zustandekommen des Vertrages. Optionen, die nicht eine Rettung des Finanzsektors vor größeren Ausfällen risikoreicher Investments vorsahen, standen durch die Einbeziehung der Finanzlobby in die Vertragsgestaltung von vornherein nicht auf der Agenda.

Die vom Steuerzahler im schlimmsten Falle zu tragenden Verpflichtungen durch den ESM (plus EFSF plus erstes Griechenland-Rettungspaket) betragen einen Umfang, der nach Ansicht der Piratenpartei nicht alleine vom Bundestag legitimiert werden kann. Wir fordern daher einen Volksentscheid in Deutschland über den ESM. Sollte es dazu nicht kommen, fordert die Piratenpartei NRW aber zumindest eine öffentliche Anhörung über den ESM-Vertrag im deutschen Bundestag - insbesondere mit Kritikern des Vertrags. Weiterhin muss der Vertragstext allen Parlamentariern im endgültigen Wortlaut auf Deutsch mindestens zwei Wochen vor der abschließenden Beschlussfassung vorliegen, damit jedem Mandatsträger eine eingehende Prüfung und Beratung möglich ist.

Begründung

Der ESM-Vertrag verstößt gegen den Parlamentsvorbehalt, da alle Entscheidungen von einem demokratisch nicht legitimierten Gremium getroffen werden. Das Rechtsstaatsprinzip wiederum bindet grundsätzlich jede Staatsgewalt an Recht und Gesetz und garantiert damit Menschenwürde, Freiheit und Rechtssicherheit. Indem die Organe des ESM eine fast unbegrenzte Immunität vor der Gerichtsbarkeit und vor Maßnahmen der Exekutive genießen, wird der ESM unbeschränkt über Recht und Gesetz gestellt. Sowohl der Gouverneursrat als auch die Mitglieder des Direktoriums des ESM sind jeder Form der Einflussnahme durch die nationalen und europäischen Volksvertretungen, z.B. Bundestag und Europaparlament, entzogen. Eine Kontrolle der Maßnahmen des ESM im Rahmen der bewilligten Finanzmittel durch die Legislative ist damit unmöglich geworden.

Der ESM kann die Hintergründe und Details von Entscheidungen und die Effizienz seiner Maßnahmen nach eigenem Ermessen geheim halten und ist nur zu einer rein finanziellen Rechenschaft verpflichtet. Dadurch verstößt er gegen die von der Piratenpartei geforderte Transparenz staatlicher Organisationen, denn diese sind gegenüber den Bürgern umfassend berichts- und rechenschaftspflichtig. Dieser Transparenz-Verstoß wiegt umso schwerer angesichts der umfassenden Ermächtigungen und Finanzmittel des ESM selbst.

Die Piratenpartei NRW ist der Auffassung, dass es sich bei der sogenannten „Euro-Krise“ um ein grundsätzliches Strukturproblem des Eurosystems handelt und dass die akuten Solvenzprobleme einiger Euro-Länder in den meisten Fällen nicht durch ein Fehlverhalten der jeweiligen Regierungen ausgelöst wurden. Über lange Zeit wurden die strukturellen Unterschiede zwischen den verschiedenen Volkswirtschaften Europas ignoriert. Weder diese strukturellen Schwierigkeiten noch die systemimmanente Instabilität des Eurosystems werden durch den ESM abgemildert.



Dem kann ich mich nur Voll und Ganz anschließen. Ich frage mich nur, warum dieser Text nicht bei der B-Zeitung auf Seite eins gelandet ist. Denn es ist eine ganz klare Kante gegen die Politik der anderen Parteien. Jedes Presseorgan, das für sich in Anspruch nimmt die Politische Diskussion zu begleiten, müsste dieses Aufgreifen. Offensichtlich ist die Redeverbot Koalition weit größer als die im Parlament vorhandene sprichwörtliche Spitze des Eisberges.

Jetzt gilt es schnell Kompetenz zusammen zuziehen, um als angehende genuine Europäische Partei ein Alternativkonzept zur Lösung der €-Frage zu erstellen, das glaubwürdig und wirksam ist. Das ein Weg in Abgrund führt zu erkennen ist das eine, wenn aber Gefahr im Verzug ist, bedarf es auch eines anderen Auswegs. Denn wir Piraten sind überzeugte demokratische Europäer (Protokoll der Annahme).

Ich selbst habe zu dem Thema Vermeidung von Staats Schuldenkrisen hier schon mal was Aufgesetzt zur Frage der Prävention, und hier etwas zur Frage der Krisenintervention.

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