11 November 2015

Digitalkommissar Öttinger will Links zum Subjekt des juristischen urheberrechtlichen Erlaubnis Vorbehalt machen.

Heute musste ich mich mal wieder extrem über die politische Unsitte deutscher Politiker ärgern, Deppen und Vollpfosten bei der EU zu entsorgen, anstatt sie in die Parteibasis zu verbannen oder besser gleich an die Luft zu setzen. Julia Reda, die deutsche Piratin im Europaparlament, berichtet in einer Blogposting:

Laut einem gestern geleakten Plan für die Urheberrechtsreform (via IPKat) erwägt die Kommission entgegen der bisherigen Rechtssprechung und aller Vernunft das bloße Verlinken von Inhalten unter Urheberrechtsschutz zu stellen. Damit hätten die Presseverleger ein potentes Druckmittel – und gleichzeitig würde jede der Querverbindungen, die das Internet erst zu einem Netz machen, zur juristischen Tretmine.

Das ist mit Verlaub gesagt der größte Unsinn der jemals in Form eines EU Papier gegossen wurde. Warum? Zum ersten was ist ein Link?

Ein Link ist eine Beschreibung, wie eine Information aus einem Rechner eine Information abgerufen werden kann.


Als erstes erfolgt die Angabe, welches Verfahren genutzt werden soll. Übliche Verfahren sind zum Beispiel "http", "https", "ftp", "ftps" und "gopher". Das Verfahren "ftp", und sein verschlüsseltes Pondon "ftps", ist das Älteste aller Verfahren. Dabei ging es nur darum eine Datei aus einem anderen Rechner unverändert abzurufen oder dorthin hochzuladen, und bei Textdateien gegebenenfalls noch die Codierung dabei umzustellen. Zur Zeit seiner Entwicklung war es noch üblich das wichtige Hersteller die Zeichen im Computer nach eigenem Ermessen Codiert haben. Wenn Dateien von Browsern die Dateien automatisch interpretiert werden, also Bilder als solche dargestellt werden, dann nur weil der Name der Datei für ihre Codierung steht. So wird blume.jpeg wegen der Endung "jpeg" als jpeg Bild interpretiert werden.

Das nächste gängige Verfahren des Internetabrufs war das Verfahren "gopher". Diese Verfahren sollte dem Universitären Wissensaustausch dienen, kannte einige Typen von Dateien wie DOS Dokumente oder GIF Dateien. Die Menüs hat das System selber erzeugt. Da die Universität von Minnesota sich von der Anwendung der Referenzimplementation üppige Lizenzeinahnen versprochen hat, ist dieses Verfahren heute absolut bedeutungslos. Ein Port für eine Verschlüsselte Version wurde erst gar nicht definiert.

Das letzte wichtige Verfahren, "http", wurde 1989 - 1991 am Cern entwickelt, und war der große Wurf auf dem das ganze WWW beruht. Es war deshalb der große Wurf, weil neben dem Transportverfahren Hyper Text Transport Protokoll, auch die Definition der textuellen Inhalte, der Hyper Text Meta Language kurz HTML, definiert wurde. Fossilen von Damals funktionieren auch heute noch, auch wenn Sie zum Teil als veraltet Markiert sind und durch Komplexere und genaueren Definitionen ersetzt wurden. Beispielsweise - ich habe hier mal die normalerweise unsichtbaren Tags für Sie sichtbar gemacht - <b>Bold</b>, <i>Schrägschrift</i> <s>Durchgestrichen</s>. HTTPS ist wie bei den Obigen "s" wie Sicher Varianten das um die SSL/TLS Verschlüsselung erweiterte Verfahren.

Dem Verfahren Folgt durch Doppelpunkt und Doppelschrägstrich getrennt der Servername. Diesen folgt jeweils durch einen weiteren Schrägstrich getrennt die Directorys in denen die Inhalte Lagern gefolgt vom eigentlichen Dateinamen. Neben diesen Hauptkomponenten gibt es weitere Optionen, um zum Beispiel den Zugriff auf nicht öffentliche Objekte zu beschreiben, Anweisungen an den Client zu geben, auf welches Kapitel man sich bezieht, oder Anweisungen an der Server jedweder Art. Mit dieser Beschreibung ist es Möglich, zum Beispiel Bilder in einen Text einzubinden. Bilder werden im Internet nie in ein Textdokument rein kopiert, vielmehr werden diese nur Zitiert und vom Darstellungsprogramm eingebunden. So wird die Linke Darstellung einer Magnolienblüte durch den Text <img border="0" src="https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj7lP_rR0gNFNoaOLCFR9mAN_JwoP9gt7Dt43eYxYHwtP-CZVMEeMhBTr5QHAPd5BBJ1AJHdppAT0WXWBR_wkhyc1cBQVdZiJAfw-GbbPfMafApfv_MwHfKlM3Zq0UrXlMjTWllYFV6qvc/s200/Magnolie2010.jpg" /> erzeugt, wobei der Fett wiedergegeben Teil der eigentliche Link ist der es gestattet auf das Foto zuzugreifen. Es wird also erst das Dokument mit dem Text geholt welchen sie gerade Lesen, dann das Foto anhand eines Links nachgeladen. Da neben der Datei auch der Dateityp übertragen wird, konnte sich die heute bekannte Vielfalt von Internetdarstellungsarten entwickeln.

Ein Link ist also so etwas wie eine Digitale Version einer Quellenangabe. Herr Öttinger fordert also, bezogen auf die analoge Welt, das bereits das Erstellen und Verbreiten einer Quellenangabe eines Werkes eine Juristische Einwilligung des Urhebers erfordert. Mit anderen Worten, der Urheber eines Werkes soll bestimmen dürfen, wer sein Werk zitiert! Geht es noch? Das wäre das ende jeglichen Wissenschaftlichen Arbeitens. Das ist per seh schon mal völlig Idiotisch!

Aber es kommt noch Irrer!

Das was Herr Öttinger fordert, das existiert seit Jahrzehnten in der digitalen Welt. Ein Normaler Client wie einer der Großen Browser liefert bei jeder Anfrage auch immer mit, welches Dokument den Link auf das Abzurufende Dokument enthält. Nur wenn der Benutzer einen Link direkt in den Browser eingibt ist dieses Datenfeld nicht vorhanden. Das kann genutzt werden, um einzuschränken welche Dokumente den Inhalt zitieren dürfen und welche eben nicht. So kann ich mit den folgenden Zeilen im apache2 Server, einen der Verbreitresten Webserver im Internet, den Zugriff auf Inhalte in einem "premium-content" Ordner auf links aus meinen eigenen Domains beschränken. Wird von wo anderes auf die Inhalte gelinkt, wird eine Fehlermeldung 403 erzeugt.

SetEnvIfNoCase Referer "^$" isr=1
SetEnvIfNoCase Referer "^http://([a-z0-9-]+\.)*meine_domain_1\.com" isr=1
SetEnvIfNoCase Referer "^http://([a-z0-9-]+\.)*meine_domain_2\.com" isr=1
...
SetEnvIfNoCase Referer "^http://([a-z0-9-]+\.)*meine_domain_3\.com" isr=1
<Directory "/premium_content/">
    Options FollowSymLinks
    AllowOverride None
    <Limit GET OPTIONS PROPFIND>
        Order allow,deny
        Allow from env=isr
        Deny from all
    </Limit>
    <LimitExcept GET OPTIONS PROPFIND>
        Order deny,allow
        Deny from all
    </LimitExcept>
</Directory>

Warum ist das den Meisten Internetnutzern nicht bekannt? Das liegt schlicht daran, das alle Webseiten im Allgemeinen der Verbreitung von Informationen dienen. Aus diesem Grund ist jegliche Verlinkung willkommen, weil sie die Reichweite der Informationen verbessert.

Es gab Mitte der 1990ziger Jahre eine relevante Ausnahme von dieser Regel. Das war im Rahmen der Erwachsenenunterhaltung. Das ist ja eine eigentlich recht langweilige Sache, es geht ja immer um den gleichen biologischen Vorgang. Aus diesem Grund ist es im Grunde fast immer Egal, wer auf den Bildern zu sehen ist. Das haben sich einige ganz schlaue zu nutze gemacht, in dem sie die Bilder, welche ja wie oben erklärt immer Zitiert werden, von anderen Domain zitiert haben. Internetverkehr war damals noch eine recht teure Angelegenheit (damals gab es aber auch noch viel mehr Geld für Werbung), und so wird schnell klar, das der vom Verlinken seiner Bilder Betroffene Webmaster nicht begeistert war. Das Urheberrecht half ihm nicht weiter, weil seine Werke ja bestimmungsgemäß an Endkunden ausgeliefert wurden. Ein unautorisierter Kopiervorgang lag nicht vor! Aus diesem Grunde gab es eine Nachfrage an die Softwarehersteller, hier Abhilfe zu schaffen.

Wenn das, was Öttinger jetzt Fordert, schon lange Existiert warum will er es dann in gesetzliche Form gießen? Vermutlich in der Hoffnung, das Gerichte die technische Möglichkeit einer Verlinkung mangels technischem Verständnisses dann nicht als konkludentes Einverständnis im Sinne des Urheberhechts werten könnten.

Um das zu verstehen muss man sich vergegenwärtigen das Öttinger ein ganz smarter Lügner und Aggitator ist. So hat er in der Grabrede für den als üblen Nazi enttarnten Ex-Ministerpräsident von Baden Württemberg Filbinger dessen Nazivergangenheit ungerührt weg gelogen. Das Satiremagazin Extradrei hat damals folgende Satire dazu gemacht:



Es geht hier eigendlich um einen Akt des Lobbyeismus zu Gunsten eines durch die Technische Entwicklung zum absoluten Nischendasein selektierten Geschäftsmodells. Das ist so wie bei dem Weberaufstand von 1844, bei dem die Handarbeit der Weber durch Maschinen ersetzt wurde, was damals zum Teil Hungersnöte auslöste. Hunger müssen Verleger von Presseerzeugnisse heute nicht mehr Fürchten, aber der Verlust von politischen Einfluss schmerzt sehr. Bei der Wikipedia, also dem schwarmmodell der Enzyklopädie, ging die Substitution geräuschlos von Statten. Brockhaus & Co gibt es schlicht nicht mehr.

Bei den Nachrichten wird mit allerlei Täuschungsmanövern versucht, den Abstieg der Verleger in die Bedeutungslosigkeit zu bremsen. So versucht zur Zeit die Redaktion der Bildzeitung einem Gericht eine Kompression als Verschlüsselung zu verkaufen, um für bestimmte Funktionen ihrer frei zugänglichen Webseite das Urheberrecht bemühen zu können.

Etwas geschickter macht es das Handelsblatt. Die machen nur das Erste Kapitels eines Beitrags kostenfrei zugänglich, wer den Rest lesen will muss bezahlen. Ok, daran ist nichts auszusetzen. Wenn ich so eine Quelle nutzen wöllte, müsste ich für den Artikel bezahlen. Da ginge zur Not, obwohl als Schwabe ist man aus Gründen der Nationalräson zur Sparsamkeit gehalten. Aber in der öffentlichen Diskussion müsste ich beim Zitieren das für meine Argumentation nötige wesentlich Umfangreicher Zusammenfassen, weil ich ja nicht von jedem meiner Leser erwarten kann, das er diese Publikation auch kaufen möchte. Unterm strich ist das Handelsblatt auf meine Sperrliste gewandert, weil ich mit solchen Links einfach nichts Anfangen kann.

Öttingers Schwachsinns Aktion ist vor diesem Hintergrund somit nur als weiterer Vorsätzlicher Versuch zu Werten, die Wertschöpfung des Internets zu Untergraben um Verleger zu erhalten. Denn deren politischer Einfluss als Befreundetes Subjekte würde auch definitiv vom Politiker schmerzhaft vermisst werden. Damit macht Öttinger als Digitalkommissar so ziemlich genau das Gegenteil von dem wofür er nach Brüssel entsandt worden ist. Technologische Fragen werden - das erfordert schon der gemeinsame Markt - von der EU Kommission behandelt. Technologische Fragen entscheiden aber mehr als alles andere über den zukünftigen Wohlstand in Europa. Deswegen ist nicht nur der Rücktritt von Öttinger als Digitalkommissar zu Fordern, sondern endlich auch ein Zeichen zu setzen gegen das Entsenden von Nullen nach Brüssel zu Versorgungszwecken. Die sollen was anderes machen. Diejenigen die diesen bestenfalls Nazischönredner und schlimmstenfalls überzeugten Nazi nach Brüssel geschickt haben, sollten auch ihren Hut nehmen und zurücktreten.



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