06 August 2013

Das Drama um den Wahl-O-Mat und den Pirat-O-Mat für die hessische Landtagswahl

Der Wahl-O-Mat ist eine seit 2002 von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) betriebene Webpräsenz für interaktive Online-Wahlinformationen. Zusätzlich steht der Wahl-O-Mat seit der Europawahl 2004 auch als herunterladbare Offline-Software und seit der Bundestagswahl 2005 als Mobiltelefon- und PDA-Version (Palm) zur Verfügung. Das Programm soll die Möglichkeit bieten, eine Entscheidungshilfe für aktuell anstehende Europa-, Bundestags- oder Landtagswahlen zu erhalten.
Inhaltsverzeichnis

Angebot und Nutzung


Der Wahl-O-Mat wurde bis 2009 etwa 21,5 Millionen Mal genutzt. Allein zur Bundestagswahl 2005 wurde er über 5,1 Millionen Mal aufgerufen. Der Wahl-O-Mat stand im Februar 2006 wieder für die Landtagswahlen Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt zur Verfügung; im September 2006 ebenfalls für die Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus am 17. September, nicht aber für die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern am selben Tag (CDU und SPD verweigerten hier die Mitarbeit). Für die Europawahl 2009 stand der Wahl-O-Mat ebenfalls zur Verfügung. Die Version für die Bundestagswahl 2009 wurde am 4. September freigeschaltet. Diese wurde bis zum Wahlsonntag rund 6,7 Millionen Mal genutzt, über 1,5 Millionen Mal mehr als zur Bundestagswahl 2005. Am 17. April 2010 startete der Wahl-O-Mat für die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen 2010. Am 1. Februar 2011 startete der Wahl-O-Mat in Hamburg zur Bürgerschaftswahl. Am 28. startete der Wahl-O-Mat für die Wahlen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Am 26. August 2011 startete er für die Wahl in Berlin.


Funktion


Das Programm basiert auf dem "StemWijzer" aus den Niederlanden (Instituut voor Publiek en Politiek, IPP) und wurde zur Bundestagswahl 2002 erstmals in Zusammenarbeit mit der Politikfabrik in Deutschland angeboten. Seitdem wurde die Wahlhilfe im Vorfeld von Wahlen auf wichtigen politischen Ebenen eingesetzt, neben allen Bundestagswahlen etwa bei mehr als zehn Landtagswahlen und den Europawahlen 2004 und 2009.

Der Benutzer bezieht zu circa 30 politischen Thesen zunächst mit den drei Antwortmöglichkeiten „stimme zu stimme zu“, „neutral neutral“ und „stimme nicht zu stimme nicht zu“ Stellung. Anschließend kann man beliebig vielen Thesen doppeltes Gewicht geben. Es besteht auch die Möglichkeit, Thesen zu überspringen und später oder gar nicht zu bewerten. Schließlich muss man sich für bis zu acht Parteien entscheiden, für die eine Auswertung vorgenommen werden soll.

Die eigenen Stellungnahmen werden dann mit den autorisierten Antworten verschiedener Parteien verglichen. Als Auswertung erhält man ein Balkendiagramm, das zeigt, mit welcher Partei man wie stark übereinstimmt sowie eine Tabelle mit dem detaillierten Vergleich der eigenen Antworten mit den Aussagen der ausgewählten Parteien.

Seit der Version zur Wahl des Europaparlaments 2009 werden alle zu den jeweiligen Wahlen zugelassene Parteien berücksichtigt, die die Fragebögen beantwortet haben. Vorher war nur eine Auswahl der in den Parlamenten vertretenen Parteien möglich. Jedoch kann der Benutzer nur die Aussagen von maximal acht Parteien gleichzeitig vergleichen. Die bpb begründet dies mit einer besseren Übersicht und Vergleichbarkeit. „Eine Auswertung von mehr als acht Parteien gleichzeitig kann im Wahl-O-Mat nicht mehr sinnvoll und für den Nutzer nachvollziehbar dargestellt werden.“ Allerdings könne man nach der ersten Auswertung auf den Menüpunkt zurück zur Parteienauswahl klicken und sich für eine weitere Auswahl von maximal acht Parteien entscheiden und diese errechnen lassen. Zudem werde eine herunter ladbare Ergebnisseite angeboten, in der alle Antworten der Parteien und sonstigen politischen Vereinigungen auf einer PDF-Datei zusammengefasst sind.

Soweit die Wikipeia zum Wahl-O-Mat


Die Hessische Landeszentrale für politische Bildung in Hessen hat verlauten lassen, sie habe keine Geld für derlei Aktivitäten. Das für sich genommen ist eigentlich ein waschechter Skandal, den es ist genau deren Aufgabe, Politische Bildung zu vermitteln, auch und gerade für junge und unerfahrene Wähler. Und was ist da noch näher am Kern der Demokratie als die politischen Standpunkte der Parteien und deren Unterschiede. Natürlich ist es erst mal Aufgabe der Parteien, ihren Standpunkt selbst in die Öffentlichkeit zu tragen. Aber mann muss schon eine Menge von Informationen über sich ergehen lassen, um sich ein Bild von der Sache zu machen. Das ist ein Aufwand, den sich viele Bürger nicht leisten können oder wollen. Erschwerend kommt hinzu, das viele Parteien dazu neigen, sich auf Aussagen wie "eher so als so" zurückzuziehen. Es müssen also erst mal Fragen gefunden werden, auf welche die Partien wirklich unterschiedliche Antworten geben.

Diese redaktionelle Arbeit hat schon in er Vergangenheit immer wieder für Ärger gesorgt, weil man durch geschickte Auswahl der Fragen einzelne Parteien als profillos oder sinn frei hinstellen kann. Wenn man zum Beispiel alles zum Internet ausklammert, dann verlieren zum Beispiel die Piraten im Wahl-O-Mat enorm an Aussagekraft. Das geht aber mit allen Parteien in dem man deren Kernkompetenz excludiert oder nur ganz Marginal streift. Das hat in der Vergangenheit schon des öfteren zu bösem Blut und hitziger Kritik geführt.

Ein weitere Problempunkt ist dann noch die Frage, welche Antwort für eine Partei gegeben werden soll. Diejenige welche die Partei will oder diejenige die dem entspricht, was sie in der Vergangenheit getan hat. Am fairsten gegenüber den Parteien ist, diese selbst zu den Fragen Stellung nehmen zu lassen wohingegen der größte Nutzen für den Wähler eventuell eher vom Einfliesenlassen einer Analyse des Abstimmverhaltens in der vorherigen Legislaturperiode ausgeht. Es gibt da durchaus Parteien, wo das diametral verschiedene Ergebnisse liefert, so das man als Wähler schon mal sprichwörtlich grün und gelb Ärgern kann.

Da der Wert eines solchen Angebotes für den Wähler in seiner Neutralität liegt, wollten die Piraten, die ja selbst in Hessen konkurierende Partei sind, diese Neutralität per Prozedur herstellen. Es gibt eine Sunrise Phase in der von den Wählern und Parteien fragen eingestellt werden können. Diese, so der Plan, würden dann Ausgelost und den Parteien zur Beantwortung vorgelegt. Dieser Ansatz ist aller Ehren Wert, was die Neutralität angeht. Das Problem an dem Verfahren: man muss mit allen zur Wahl zugelassenen Parteien zusammenarbeiten.

Warum ist das ein Problem? Das sollte es ja eigentlich nicht sein, denn alle Parteien sollten die Spielregeln des Grundgesetzes und der hessischen Landesverfassung anerkennen. Das genau ist aber nach Meinung fast aller Piraten nicht der Fall. Es stechen Parteien auf dem Wahlzettel, die nach deren Meinung dort nicht Hingehören. Zum Beispiel die NPD. Einer deren Prominenten Ex-Funktionären muss sich zur Zeit in dem größten Terrorismusverfahren seit 20 Jahren in München verantworten. Die Ideologie dieser Terroristen ist im weiten Zügen mit den Grundüberzeugungen der Partei kongruent und viele der Angeklagten Personen entstammen auch dem Dunstkreis dieser Partei. Es hat auch schon versuche gegeben die NPD zu verbieten, das ist aber letztendlich daran gescheitert, das in der Partei so viele V-Leute eingeschleust waren, das die Richter argumentieren mussten, das das Wesen der Partei durch Staatliche Unterwanderung verzerrt sein könnte. Und da ein Parteiverbot eine schwerwiegende Einschränkung des Wählerwillen ist, haben sich die Verfassungsrichter zu einer Klageabweisung durchgedrungen. Auf jeden Fall ist es aber so, das diese Parteien durch die V-Männergehälter signifikant finanziert wird.

Nun sind Piraten Leute die im Allgemeinen keine Disput aus dem Wege gehen, und da war eine breiter und heftiger Protest gegen Leute deren Treue zum Grundgesetz fragwürdig ist mehr als zu erwarten. Als dann ein Republikaner zur öffentlichen Auslosung kommen wollte, war für viele Piraten das Maß voll, und das Projekt scheiterte an innerer Zerrissenheit zwischen Fairness, das alle offiziell demokratischen und deshalb zur Wahl zugelassenen Parteien gleich zu behandeln sind, und der Position, das Leute die nicht die Werte der Verfassung schätzen mit allen legalen Mitteln zu bekämpfen sind.

Da offensichtlich die beschämende finanzielle Ausstattung der Landeszentrale an dem ursprüngliche Problem schuld ist, gäbe es ja noch einer weitere Option: Die Landeszentrale für Politische Bildung arbeitet die Fragen aus und akquiriert die Antworten und die Piraten stellen nur die IT Architektur zur Verfügung. Das die Landeszentrale für politische Bildung Ausführt "Und bevorzugt lieber klassische Bildungsformate" ist im übrigen ein klarer Hinweiß auf einen Haufen digital Unbedarfter.


Also ein Pirat-sponsored-echter-Wahl-O-Mat


Ein bisschen "Strafe" für die etablierten Parteien wegen der mangelhaften Ausstattung der Landeszentrale für Politische Bildung muss dann aber schon sein. Beispielweise in dem man auch die Piraten in die Verarbeitung einbezieht und nicht nur die im Landtags vertretenen als voreingestellte Auswahl berücksichtigt und auch ein dickes Logo "Sponsored by Piratenpartei" mit einem Kurzabriss des Dramas um die politische Bildung in Hessen muss dann schon sein.

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